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Coaching im Sportverein

Coaching in der Vereinsarbeit

Coaching im Sportverein?

Um Begriffsverwirrungen vorzubeugen: In diesem Artikel soll es um Coaching als Begleitung und Prozessberatung im Bereich des Mitarbeitermanagements von Sportvereinen gehen. Mit dem „Coach“ ist hier also nicht der Trainer bzw. die Trainerin von Mannschaften oder Einzelsportler/innen gemeint. Auch das „Mental Coaching“ oder „Mental Training“ für Leistungs- und Spitzensportler/innen wird hier nicht näher betrachtet.

Im Artikel „Coaching als Instrument der Personalentwicklung“ wurde bereits beschrieben, dass das Coaching im Bereich des strategischen Mitarbeitermanagements und der Personalentwicklung in Sportvereinen bisher kaum eine Rolle spielt. Daher soll hier der Frage nachgegangen werden, wie sich auch Sportvereine dieses Instrument zunutze machen können.

Im Zuge der Professionalisierung der Vereinsarbeit wurden und werden auch im Bereich des strategischen Mitarbeitermanagements als einem Bestandteil des Vereinsmanagements Konzepte und Methoden aus der Wirtschaft für Sportvereine nutzbar gemacht. Auch bezüglich der Methode Coaching lohnt sich dieser Blick über den Tellerrand.

Das Coaching bietet aus Sicht des Sportvereins eine Möglichkeit, die Fähigkeiten und Potenziale der Mitarbeiter/innen systematisch zu fördern sowie sie in Konfliktsituationen zu unterstützen.

Beispiele für Coaching-Anlässe

Was könnten Anlässe und Anliegen sein, bei denen ein Coaching für Vereinsmitarbeiter/innen sinnvoll erscheint? Denkbar sind beispielweise folgende:

  1. Die Einarbeitung neuer Vorstandmitglieder: Coachings als Module eines „Persönlichen Entwicklungsplans“
  2. Die Heranführung jugendlicher Mitglieder an Vereinsaufgaben (ggf. in Form eines Mentorings mit Coaching-Anteilen)
  3. Die Förderung der fachlichen Entwicklung von Vereinsmitarbeiter/innen
  4. Die Unterstützung von Vereinsmitarbeiter/innen bei der Bewältigung von Problemen mit Kolleg/innen oder den Aufgaben
  5. Die Unterstützung bei der Lösung von Rollen- und Interessenkonflikten, die sich z.B. aus dem Zusammenwirken von ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiter/innen ergeben können

Die Rolle des Coaches kann unterschiedlich vergeben sein:

  1. Vereinsberater/in des Landessportbundes oder eines Fachverbandes als Coach der Vereinsführung - mit Anteilen an Expertenberatung, die über eine reine Coach-Rolle hinausgehen
  2. Externe/r Berater/in als Coach der Vereinsführung oder anderer Vereinsmitarbeiter/innen
  3. Vereinsmitarbeiter/in als interner Coach für eine/n andere/n Vereinsmitarbeiter/in
  4. Vereinsmitarbeiter/in als interner Coach für jugendliche Vereinsmitglieder, die an Aufgaben herangeführt werden sollen - eventuell in Form eines Mentoring, das neben dem Coaching auch die Vermittlung von Erfahrungswissen beinhaltet
  5. Vereinsmitarbeiter/in als externer Coach für Vereinsmitarbeiter/innen anderer Vereine

Darüber hinaus könnte der Verein themen- oder projektbezogene Coachings anbieten, die sich nicht an die Mitarbeiter/innen, sondern an die Mitglieder richten, z.B. zum Thema „Schwangerschaft und Sport“. Diese Art von Coaching-Angeboten als Dienstleistung für Mitglieder würde zwar über den Bereich des Mitarbeitermanagements im Verein hinausgehen. Der Verein könnte aber Mitarbeiter/innen mit Erfahrungen in der Rolle als Coach auch in diesem Gebiet einsetzen.

Der Nutzen

Der Einsatz von Coachings im Rahmen des Mitarbeitermanagements von Sportvereinen kann folgende Vorteile bieten:

  1. Das strategische Mitarbeitermanagement wird um einen wichtigen Baustein ergänzt und bereichert
  2. Qualifizierungsmaßnahmen für Mitarbeiter/innen können durch Coachings zielgerichtet unterstützt werden
  3. Die Fähigkeiten und Interessen der Mitarbeiter/innen können mit Hilfe von Coachings gestärkt und gefördert werden
  4. Die Mitarbeiter/innen können gezielter motiviert und gebunden werden, wenn der Verein ihnen Coachings zur Unterstützung ermöglicht
  5. Mit Hilfe von Coachings wird sowohl die vereinsweite Personalentwicklung als auch die individuelle Persönlichkeitsentwicklung unterstützt

Mögliche Hemmnisse

Bevor ein Verein vom Nutzen der Coachings im Rahmen des Mitarbeitermanagements profitieren kann, wird er möglicherweise mit folgenden Hemmnissen konfrontiert:

  1. Coaching kostet Geld: Ein externer Coach verlangt ein Honorar, ein interner Coach muß ggf. auf Vereinskosten qualifiziert werden. Diese Mittel müssen dem Verein überhaupt erstmal zur Verfügung stehen.
  2. Coachsuche: Für einen Sportverein, der sich komplett neu mit der Thematik befaßt, kann die Suche nach geeigneten und seriösen Coaches schwierig sein - das Risiko von „Fehlgriffen“ besteht hier durchaus.
  3. Coaching kostet Zeit: Jede Coachingstunde kostet die bezahlte Arbeitszeit der hauptamtlichen Mitarbeiter/innen oder die wertvolle Freizeit ehrenamtlicher Mitarbeiter/innen. Diese Zeitansätze müssen bei der Planung des Tagesgeschäfts berücksichtigt werden.
  4. Negative Vorerfahrungen: Eventuell haben einzelne Vereinsmitarbeiter/innen bereits anderswo Coaching-Erfahrungen als Coachee gesammelt, z.B. ehrenamtliche Vereinsmitarbeiter/innen an ihrem Arbeitsplatz im Hauptberuf. Diese Erfahrungen können durchaus negativ behaftet sein, vor allem dann, wenn das Coaching vom Arbeitgeber regelrecht „verordnet“ wurde. Dies kann die Offenheit der Vereinsmitarbeiter/innen gegenüber Coachings erschweren - genauso wie positiv besetzte Vorerfahrungen den Umgang mit dieser Methodik erleichtern.
  5. Begriffsverwirrung: Da auch der Trainer bzw. die Trainer einer Sportmannschaft oder von Einzelsportler/innen in Anlehnung an den englischen Sprachgebrauch gelegentlich als „Coach“ bezeichnet wird, kann es anfangs zu Irrititationen kommen, wenn auch im außersportlichen Bereich von Coaching und Coaches die Rede ist.


Die Umsetzung

Wie genau, wann genau und in welchem Umfang möchte der Sportverein Coachings als Instrument der Personalentwicklung nutzen? Die konkrete Umsetzung sollten die Vereinsverantwortlichen abhängig von den Rahmenbedingungen vor Ort individuell entscheiden. Zu berücksichtigen sind z.B. die Vereinsgröße, die Anzahl der Mitarbeiter/innen, die finanziellen und personellen Möglichkeiten sowie eventuell bereits vorhandene Vorerfahrungen. Der (Mitarbeiter-)Datenschutz spielt ebenfalls eine wichtige Rolle und darf bei der Umsetzung nicht vergessen werden. Erforderlich ist daneben die Verzahnung mit anderen Instrumenten des strategischen Mitarbeitermanagements wie den Tätigkeitsprofilen.

Jeder Verein ist anders. Ein für alle Vereine gleichermaßen geeignetes „Coaching-Konzept“ gibt es nicht. Bevor sich ein Verein mit der Einführung von Coachings befaßt, sollten die Verantwortlichen sinnvollerweise bereits eine Vorstellung vom angestrebten Gesamtkonzept des strategischen Mitarbeitermanagements und den Zielen der vereinsinternen Personalentwicklung haben. Hilfestellung hierzu können z.B. die Vereinsberatung des jeweiligen Landessportbundes oder der größeren Fachverbände geben.

Fragestellungen zur Einführung und Umsetzung

Die nachfolgenden Fragestellungen können als Ausgangspunkte und Checkliste für die Umsetzung dienen - natürlich immer unter Berücksichtigung der spezifischen Situation des Vereins:

  1. Welche Ziele verfolgt der Verein mit der Einführung von Coachings, welcher Nutzen wird erwartet?
  2. Gibt es ein Gesamtkonzept für ein strategisches Mitarbeitermanagement im Verein? Wie erfolgt die Verzahnung mit anderen Instrumenten des Mitarbeitermanagements?
  3. Woran und zu welchem Zeitpunkt wird der Erfolg der Einführung von Coachings sowie der einzelnen Coachings gemessen?
  4. Welche finanziellen und personellen Ressourcen stehen für die Umsetzung zur Verfügung, wer kann den Verein dabei unterstützen (z.B. Vereinsberatung des LSB)?
  5. In welcher Form werden die Rahmenbedingungen einzelner Coachings vereinbart und festgehalten (z.B. Coaching-Vertrag)?
  6. In welcher Form werden die Coachings ausgewertet? Wer darf davon Kenntnis erlangen? Wie wird mit der grundsätzlichen Verschwiegenheitspflicht des Coaches umgegangen? Werden Aspekte des Mitarbeiter-Datenschutzes in diesem Zusammenhang angemessen berücksichtigt?
  7. Gibt es bereits vorhandene Erfahrungen im Verein, auf die man zurückgreifen kann oder die berücksichtigt werden müssen?
  8. Werden die unterschiedlichen Mitarbeitergruppen (bezahlte Mitarbeiter/innen, ehrenamtliche Mitarbeiter/innen, gelegentliche Helfer/innen) hinreichend differenziert betrachtet?
  9. Wer darf ein Coaching in Anspruch nehmen, für wen ist es nicht gedacht? Zu welchen Anlässen und Anliegen wird es üblicherweise ein Coaching geben?
  10. Ist das Coaching für die jeweilige Zielsetzung bzw. das konkrete Anliegen überhaupt die am besten geeignete Arbeitsmethode? Welche anderen Methoden kommen ggf. in Frage (z.B. Weiterbildung, Kollegiale Beratung in der Gruppe)?
  11. Wie erfolgt - vor allem bei bezahlten Mitarbeiter/innen - die Verknüpfung mit anderen Instrumenten der Personalführung und -entwicklung, z.B. Entwicklungsgesprächen, Beurteilungen und Zeugnissen?
  12. Ist die Teilnahme an einem Coaching für die Vereinsmitarbeiter/innen verbindlich oder freiwillig? Tipp: Nur eine bedingungslose Freiwilligkeit sorgt für die Akzeptanz von Coachings!
  13. Wie erfolgt die organisatorische Umsetzung und Kommunikation der Einführung?
  14. Welche Widerstände wird es möglicherweise geben?
  15. Welche weiteren Rahmenbedingungen sind ggf. zu beachten?

Abschließende Hinweise

Die Nutzung von Coachings ist gut geeignet, die Vereinsarbeit im Hinblick auf das Thema Personalentwicklung zu professionalisieren. Wieviel davon im jeweiligen Sportverein tatsächlich notwendig und sinnvoll erscheint, hängt von der konkreten Ausgangssituation des Vereins ab. Angesichts der besonderen Rahmenbedingungen von Sportvereinen (Mischung aus Ehrenamt und Hauptamt, eingeschränkte finanzielle Mittel u.a.) lassen sich Coaching-Konzepte aus der Wirtschaft sicherlich nicht deckungsgleich übertragen.

Dennoch kann sich der Einsatz von Coachings im Rahmen des strategischen Mitarbeitermanagements auch für Sportvereine lohnen. Allerdings wird es vermutlich nur in wenigen größeren Vereinen regelmäßig die „Reinform“ des Coaching geben können, bei der ein bezahlter externer Prozessberater die Rolle des Coaches wahrnimmt. In der Regel werden interne Träger anderer Rollen fallweise Coaching-Aufgaben übernehmen, z.B. ein/e Vereinsmitarbeiter/in für jugendliche Vereinsmitglieder oder ein altgedientes Vorstandsmitglied für ein neues Vorstandsmitglied.

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